WSR024 Das Geheimnis hinter korkendem Wein, Stickoxidwerte bei Dieselfahrzeugen, StEMos und 1 Jahr Wirkstoffradio

Bernd und André sitzen wieder zusammen bei Bernd im Wohnzimmer um über die letzte Folge, WSR023 Wie Moleküle miteinander reden zu quatschen, über einige andere Themen, die mit vergangenen Folgen zu tun haben und darüber, dass das Wirkstoffradio 1 Jahr alt geworden ist.

Zwei Biergläser und Flaschen auf einem Tisch, zusammen mit Audio-Equipment und Molekülmodellen auf einem Tisch
Wir hatten auch was zu feiern: 1 Jahr Wirkstoffradio.

Die vielen Wechselwirkungen aus der letzten Folge sind Thema, aber auch die Metapher der Burger-Pusteblume, in die Bernd noch etwas mehr Arbeit hinein gesteckt hat. Außerdem gibt es Neuigkeiten zum Stroke Einsatz Mobil (StEMo) und zu den Abgaswerten von Dieselfahrzeugen. Bernd hat einen Wirkstoff des Monats dabei und ein paar Termine für Anfang November gibt es auch noch – da ist nämlich die Science Week in Berlin.

Wie Moleküle miteinander reden

In der letzten Folge, WSR023 Wie Moleküle miteinander reden, war wieder Prof. Höltje zu Gast, Bernds Doktorvater, der auch schon in  der ersten Folge etwas zu Wirkstoffen erzählt hat (WSR001 Was sind Wirkstoffe?). André hat viel mitgenommen aus diesem Gespräch, vor allem dass die van-der-Waals Kraft eigentlich nur ein Sammelsurium von Interaktionen sind, und eigentlich keine „eigene“ Kraft. Das hat André einen ganz neuen Blick auf viele Dinge aus seinem Physikstudium gegeben, und auch einen Perspektivenwechsel ausgelöst, dass man Fragestellungen nicht immer von der Disziplin her denken muss.

Bernd hat nach dem Gespräch mit Herrn Höltje mit einem Kollegen aus seinem Institut gesprochen, dem Leibniz-Forschungsinsitut für molekulare Pharmakologie (FMP). Dieser Kollege heißt Barth van Rossum (Twitter @BarthvanRossum) und er beschäftigt sich mit der 3D-Darstellung von Molekülen und hat die Metapher der Pusteblume (Acetylcholin), die an drei Hamburger (aromatische Ringe auf der Rezeptorseite) bindet, in eine Grafik umgesetzt. Und das auch nicht nur aus Spaß – es gibt einen Anlass: Am Mo 28.10. hat Herr Höltje Geburstag und er bekommt diese Grafik in einem Rahmen geschenkt. Bernd und André gratulieren ganz herzlich zum 80. Geburtstag.

Acetylcholin dargestellt als Pusteblume, gebunden an drei aromatische Ringe dargestellt als Hamburger - auf einem Tisch liegend auf dem ein wissenschaftliches Paper, eine Molekülzeichnung, eine WSR-Tasse und ein Körperhörer liegen
Die „Burger-Pusteblume“, neben einem wissenschaftlichen Artikel über Acetylcholin von Herrn Höltje aus dem Jahr 1975, einer Molekülzeichnung von ihm, die die „Burger-Pusteblume“ schematisch darstellt, und eine Wirkstoffradio-Kaffeetasse und Kopfhörer.

Wissenschaftlicher Artikel von Herrn Höltje von 1975: …befindet sich leider hinter einer Paywall, ist also nur für diejenigen zugänglich, die ein Abo der entsprechenden Fachzeitschrift haben. Daher werden wir nicht direkt auf den Artikel verlinken, sondern stellen euch den „Digital Object Identifier (DOI)“ zur Verfügung: 10.1002/jps.2600640313

Die Sprache der Chemie

Bernd berichtet davon, wie er gemerkt hat, dass in der vorletzten Folge, WSR022 Klimaanlagen, Zuckerchmie und Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis der DFG, es nicht gut funktioniert hat, André Zuckermoleküle zeichnen zu lassen. Bernd erzählt aber, wie sehr ihm die zeichnerische Darstellung von Molekülen geholfen hat in seinem Studium, und wie er so quasi eine neue Sprache gelernt hat: die Sprache der Chemie.

Bernd erklärt einige grundlegende Dinge dazu, wie man Moleküle zeichnet, was es mit Kreuzen und Haken auf sich hat und was eine Methylgruppe ist. Links dazu:

Visualisierung der grundlgenenden Zeichenelemente die Bernd bei "Sprache der Chemie" anspricht.
Die grundlegenenden Formen, die Bernd bei „Sprache der Chemie“ anspricht.

 

StEMo (Stroke Einsatz Mobil)

In der Folge WSR019 Schlaganfall, Stroke Units und die Verantwortung der Forschung haben Bernd und André mit Prof. Dirnagl unter anderem über die speziellen Rettungswagen gesprochen, die ein Kopf-CT und ein kleines Diagnoselabor an Bord haben, um einen Schlaganfall richtig zu diagnostizieren und direkt vor Ort zu behandeln – die StEMos, von denen es drei in Berlin gibt. André berichtet von Diskussionen, die StEMos in Berlin wieder abzuschaffen und die Gründe dafür, die vor allem bei den Krankenkassen liegen, die einen Einsatz eines StEMos nicht voll bezahlen wollen. Zum besseren Verständnis sind hier die beiden Artikel aus dem Tagesspiegel zu den StEMos verlinkt, sowie eine Studie über die Machbarkeit der StEMos. Weltweit war Berlin nämlich die zweite Stadt, die die StEMos eingesetzt hat – die wissenschaftlichen Hintergründe findet man im verlinkten Artikel von Calderon et al.

Stickoxide in Dieselfahrzeugen der Euro5 und Euro6 Norm

André ist noch über etwas anderes gestolpert, passend zu der vergangenen Folge WSR010 Grenzwerte, Leitwerte und Studien am Beispiel Stickoxide und Feinstaub. Der rbb hat sich die Ergebnisse der Testfahrten von Dieselfahrzeugen erklagt, die das Kraftfahrtbundesamt durchgeführt hat. Die Ergebnisse sind erschreckend. Knapp 2/3 aller getesteten Dieselautos der Abgasnorm Euro5 und Euro6 liegen über den erlaubten Grenzwerten. Nicht nur ein bisschen, sondern reichlich. Die größten Dreckschleudern überschreiten die Grenzwerte um mehr als das zehnfache. Die neuesten Modell verschiedener Autohersteller schaffen es allerdings, die Grenzwerte einzuhalten und diese deutlich zu unterschreiten. Alle Zahlen und Details Artikel vom rbb:

Zwei Drittel der Dieselautos fallen beim amtlichen NOx-Test durch, vom rbb

Passend zum Thema: Bernd war am 04.10.2019 im Naturkundemuseum und stand als Wissenschaftler den Fragen aller Interessierten, aber besonders aller Beteiligten bei Fridays for Future zur Verfügung. Er hatte sich das Thema Welche gesundheitlichen Auswirkungen gehen mit Umweltverschmutzung und Klimawandel einher? ausgewählt. Unter dem verlinkten Blog-Artikel findet man Links und Literatur dazu. Bernd berichtet noch von einigen Fragen, die ihm gestellt wurden und wie die Atmosphäre vor Ort war.

Ein Jahr Wirkstoffradio!

Uns gibt es nun schon ein Jahr – Danke an alle Hörerinnen und Hörer, die uns bisher begleitet haben. Wenn ihr das hier hört und mit feiern wollt, würden wir uns über das ein oder andere Foto freuen, wie ihr denn auf ein Jahr Wirkstoffradio anstoßt (nicht zwangsläufig mit einem alkoholischen Getränk). Gerne per Mail an info@wirkstoffradio.de oder auf Twitter an @wirkstoffradio.

Zwei Biergläser und Flaschen auf einem Tisch, zusammen mit Audio-Equipment und Molekülmodellen auf einem Tisch

Wirkstoff des Monats

Trichloranisol Strukturformel
Trichloranisol Strukturformel (CC BY-SA 2.5 von Quasar Jarosz, Bildlink)

Bernd hat etwas zum Thema „korken“ mitgebracht – im Sinne von: Wenn der Wein korkt. Die Verbindung, die für diesen Geruch und Geschmack zuständig ist, ist das Trichloranisol. Allerdings ist dieser Stoff nur ein Produkt von Mikroorganismen. Der eigentliche Wirkstoff des Monats ist das Pentachlorphenol. Dabei handelt es sich um ein Holzschutzmittel, mit dem beispielsweise Regale, die im Keller stehen, geschützt wurden. Dieses Holzschutzmittel wird von Mikroorganismen in Trichloranisol umgesetzt – und diese Substanz ist flüchtig und kann sich so auf allem möglichen absetzen, das in einem Keller vorhanden ist: Korken, Kronkorken, Flaschen und so weiter.

Pentachlorphenol Strukturformel
Wirkstoff des Monats: Pentachlorphenol (gemeinfrei, public domain)

Die Geschmacksempfindung oder der Geruchseindruck dass etwas „korkt“,  rührt also nicht direkt vom Korken her (kann aber z. B. durch Schimmel im Korken), sondern eigentlich von einem Abbauprodukt eines Holzschutzmittels. Dass Weine und andere Getränke muffig oder korkig geschmeckt haben, nahm stark in den 1980er Jahren zu und seit 1989 ist Pentachlorphenol als Holzschutzmittel verboten.

Das Abbauprodukt Trichloranisol hat eine sehr niedrige Wahrnehmungsschwelle von wenigen Picogramm pro Liter Luft. Daher kann man einen kleinen Trick anwenden, um sich ganz sicher zu sein, ob ein Wein korkt: Man gebe ein paar Tropfen Wein in ein Glas Wasser. Alle anderen Geruchsstoffe werden dadurch so stark verdünnt, dass sie nicht mehr wahrnehmbar sind. Lediglich das Trichlorphenol ist wegen seiner extrem niedrigen Geruchsschwelle nicht genug verdünnt, so dass man es weiterhin wahrnehmen kann. Wenn man sich also nicht ganz sicher ist, ob ein Wein korkt muss man einfach nur an einem Glas Wasser riechen, indem ein paar Tropfen des fraglichen Weins gegeben wurde. Riecht dieses Glas Wasser muffig oder korkig, ist Trichloranisol enthalten und der Wein „korkt“.

Es gibt auch einen lesenswerten Wikipedia-Artikel zum Thema: Korkton.

Mittlerweile sind so gut wie alle (Wein)Keller frei von Pentachlorphenol – allerdings gibt es nun eine weitere Vorschrift, die besagt, dass Brandlasten wie Holzregale, mit einem Flammschutzmittel überzogen werden müssen. Einige dieser empfohlenen Flammschutzmittel enthalten Bromphenole, die einen Ähnlichen Effekt auslösen können – aber auch hier sollte der Trick mit dem Wasserglas funktionieren. Prost Mahlzeit.

Treffen der Wissenschaftspodcaster*innen: GanzOhr2019

Bernd und André waren beim Treffen der Wissenschaftspodcaster*innen in Nordhorn und erzählen wie es war. Bernd hat die Gruppenfotos gemacht, die ihr unten sehen könnt. Sie sind lizenziert unter CC BY 4.0, Foto: Bernd Rupp.

Anwesende Podcasts:

Die Vorstellungsrunde des GanzOhr2019 gibt es als Podcast zum Anhören hier.

Termine


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Wirkstoffradio-Feedback-Telefon   030/746 910 64


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