WSR014 Feinstaub, open science und der Geruch von Parkinson

Bernd und André sitzen wieder zusammen bei Bernd im Wohnzimmer, um über Dinge zu sprechen, die ihnen in den letzten Folgen aufgefallen sind und ausführlicher besprochen werden müssen und um über alles zu quatschen, was ihnen sonst so in den Sinn kommt.

Es gab eine lange, und in Teilen überraschende letzte Folge über das Riechen: WSR013 Wie funktioniert unser Geruchssinn? mit Dr. Krautwurst vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München (LSB), Bernd und André waren auf den Wirkstofftagen in Dresden, Bernd war auf der International Open Science Conference, es gibt Neuigkeiten zu Feinstaub, ein interessanter Artikel über Gerüche und so einiges mehr über das die beiden sprechen.

Wirkstofftage 2019

Bernd und André waren auf den Wirkstofftagen, einer Veranstaltung des Leibniz-Forschungsverbunds Wirkstoffe und Biotechnologie, die jedes Jahr von einem anderen Institut dieses Verbundes ausgerichtet wird. Letztes Jahr wurden die Wirkstofftage in Halle (Saale), am Leibniz Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) ausgerichtet, der Wirkungsstätte von Ludger Wessjohann, der uns in WSR003 etwas über Naturstoffe erzählt hat. Dieses Jahr fand das ganze in Dresden statt und wurde vom dortigen Leibniz-Institut für Polymerforschung (ipf) organisiert.

Bernd und André haben Interviewgäste aus vergangenen Folgen wieder getroffen (beispielsweise Eric Freier, WSR009 Enzymen bei der Arbeit zusehen mit CARS-Mikroskopie), aber auch einige, die noch zu Gast sein werden. Den Tweet mit den „Cocktailgläsern und chemische Verbindungen“ den André anspricht findet ihr hier. Bernd und André haben auch einen Vortrag über das Wirkstoffradio gehalten, der ziemlich gut angekommen ist – freut Euch auf viele neue spannende Themen in den nächsten Wochen und Monaten. Das Wirkstoffradio wird auf jeden Fall 2020, auf den nächsten Wirkstofftagen, wieder mit dabei sein.

Fehlerkorrektur Synchrotronstrahlung

In der Folge WSR012 Scientists4Future, Ordnungsebenen von Proteinen und Synchrotronstrahlung hat André einen Fehler beim Erklären der Synchrotronstrahlung gemacht. Er sprach mehrfach von „Raum-Dilatation“. Dies Begriff ist falsch und er existiert auch nicht in der Relativitätstheorie. Richtig müsste es Raumkontraktion oder Längenkontraktion heißen – André hat den Raum mit der Zeitdilatation vermischt.

Feinstaub – Akademie der Wissenschaften äußert sich

André hat aber auch neue Informationen zum Thema Feinstaub, das schon in der Folge WSR010 Grenzwerte, Leitwerte und Studien am Beispiel Stickoxide und Feinstaub behandelt wurde. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat eine Stellungnahme zu Grenzwerten und Luftreinhaltung veröffentlicht, beziehungsweise einen Vorabdruck und die Grundlagen einer Stellungnahme, die noch kommen wird.

André findet besonders eine Grafik am Ende der angesprochenen Stellungnahme interessant. Auf Seite 45, findet sich „Kasten 6.4: Weitere Feinstaubquellen und Minderungsmaßnahmen“,  in dem es besonders um Feinstaub der Partikelgröße PM2,5 geht, also jenem Stau,b dessen einzelne Partikel einen Durchmesser kleiner 2,5µm besitzen. Diese Sorte Feinstaub ist für die Aerosolbildung und damit auch für die Wolkenbildung mitverantwortlich. Besonders interessant ist die Tatsache, dass die Emission dieses Feinstaubs durch den Verkehr über die letzten Jahre immer weiter zurück gegangen ist, aber ein Faktor über Jahre schon konstant ist: Die Emission dieser Feinstaubsorte durch Kamine und Öfen. Eine kleine Liste mit Links:

Die Statistik darüber, wie viele Kaminöfen etc. es in Deutschland gibt, wird André noch nachreichen.

Parkinson kann man riechen

Bernd ist über einige wissenschaftlichen Artikel gestoßen, die mit Geruch zu tun hatten, während er die letzte Folge über den Geruchssinn (WSR013) geschnitten hat. Er hatte den seltsamen Eindruck, dass ihm andauernd Dinge zum Thema Geruch begegneten, auch im Podcast Methodisch inkorrekt! kam in der Folge minkorrekt4future ein Geruchsthema vor. Eine Veröffentlichung hat ihn besonders fasziniert und zwar über eine Krankenschwester aus England, die anscheinend die Pakinson-Krankheit „erschnüffeln“ kann. Die Links dazu:

Bernd erzählt André, wie die Studie durchgeführt wurde, in der die Krankenschwester verblindet den Körpergeruch von Erkrankten und Gesunden Personen bestimmen musste, und wie gleichzeitig die enthaltenden Geruchsstoffe analysiert wurden. Dabei ist zum Einen herausgekommen, dass die „Super Smellerin“ nicht die Stoffwechselprodukte der Medikamente gegen die Pakinson-Krankheit riecht, sondern tatsächlich etwas, das typisch für Parkinson-Erkrankte zu sein scheint. Zum Anderen: Aus mehr als tausend Geruchsstoffen konnten vier bestimmt werden, die anscheinend Parkinson „riechbar“ werden lassen. Das sind:

    • Eicosan, wobei Eicos „20“ bedeutet  und das „-an“ auf ein Alkan hindeutet.
    • Octadecanal, wobei Octadeca „18“ bedeutet und „-al“ auf Aldehyd hindeutet.
    • Perillaaldehyd, der Geruchsstoff der in Kreuzkümmel vorkommt.
    • Hippursäure, abgeleitet vom griechischen für Pferdeurin.

Und an dieser Stelle erzählt Bernd ein paar Einzelheiten zu Urin und Harnsäure. Es gibt dazu nämlich ein recht berühmtes Zitat:

”…ich kann, so zu sagen, mein chemisches Wasser nicht halten und muß Ihnen sagen, dass ich Harnstoff machen kann…“ Friedrich Wöhler, 22.02.1828. Quelle: Museum der Göttinger Chemie Museumsbrief Nr. 19 2000, Seite 2

Das war damals, sagt Bernd, die Gründung der organischen Chemie, weil Friedrich Wöhler als erster einen organischen Stoff ohne einen lebenden Organismus herstellen konnte. Noch mehr zum Harnstoff und der ersten Herstellung durch Wöhler gibt es hier.

Nach diesem kleinen Exkurs zur organischen Chemie berichtet Bernd weiter, was die Ergebnisse des wissenschaftlichen Artikels waren. Für den typischen „Geruch von Parkinson“ sind die Stoffe Eicosan, Octadecanal und Hippursäure erhöht und Perillaaldehyd niedriger als bei einem gesunden Menschen. Alle erhöhten Stoffe sind Stoffwechselprodukte der Bakterien, die auf unserer Haut zu unserem Schutz leben. Und das macht zusammengenommen mit dem Krankheitsbild von Parkinson Sinn, denn viele Parkinson-Erkrankte haben auch Hautprobleme. Auf irgendeine Weise ist das Haut-Mikrobiom mit einer Parkinson-Erkrankung verbunden. An einer Umsetzung in eine Diagnostik-Methode wird gearbeitet, aber so weit ist man noch nicht.

Wie wir wissenschaftliche Artikel verlinken

In vergangenen Folgen, beispielsweise bei der Folge über Grenzwerte mit Prof. Hengstler (WSR010), wurden die entsprechenden wissenschaftlichen Artikel nicht direkt verlinkt, sondern nur der „Digital Object Identifier (DOI)“ zur Verfügung gestellt. Das tun wir immer dann, wenn es sich bei dem Artikel um einen „closed access“-Artikel handelt. Also wenn diese Arbeit hinter einer Bezahlschranke (paywall) verborgen liegt.

Das grundlegende Problem wird im Wikipedia-Artikel über open access beziehungsweise im Artikel Zeitschriftenkrise angesprochen und auch etwas erklärt, wenn man ein paar Links dort folgt.

Der angesprochene Artikel von Prof. Dr. Björn Brembs über Wege des Zugriffs auf wissenschaftliche Artikel: So your institute went cold turkey on publisher X. What now? Generell ist sein Blog bezüglich neuer Systeme des wissenschaftlichen Publizierens sehr lesenswert. Hier eine Liste von Möglichkeiten trotz paywall an wissenschaftliche Artikel zu kommen:

Zusammengefasst: Das Wirkstoffradio wird nie einen closed access Artikel verlinken, sondern immer nur die DOI angeben. Handelt es sich um einen open access Artikel, verlinken wir direkt auf den Artikel.

Bernd unterwegs: open science barcamp/conference/radio

Bernd war auf der International Open Science Conference, dem dazugehörigen BarCamp und hat auch ein paar kurze Interviews für den Podcast open science radio aufgenommen. Prof. Dr. Konrad Förstner vom open science radio brauchte Unterstützung, da beim BarCamp so viele Sessions parallel laufen, und so hat er Bernd gefragt, ob er helfen könne. Auch mit dabei war Dr. Christina Riesenweber vom Open Access Büro der FU Berlin.

André möchte sich hiermit ganz herzlich bei Christina entschuldigen, dass er sie im Podcast „Riesenhuber“ genannt hat und nicht ihren korrekten Namen Riesenweber parat hatte. Entschuldige bitte Christina!

Schaut einfach mal direkt beim open science radio, die entsprechenden Folgen der open science conference sind mit einem blauen Sechseck, in dem „open science“ steht, gekennzeichnet. Da findet Ihr jede Folge, die Bernd im Podcast anspricht und noch einige mehr.

Hier aber nochmal ausdrückliche Hörempfehlungen für die beiden angesprochenen Podcasts:

Wissenschaft & Fridays4Future

Bernd ist eingeladen zum Friday For Future Dialog im Museum für Naturkunde Berlin, die jeden Freitag, nach den Demonstrationen von Fridays4Future, um 13 Uhr statt findet. Bernd wird auf jeden Fall hingehen und in den kommenden Folgen berichten, was er dort erlebt hat und über was diskutiert worden ist.

 

Wir freuen uns immer über Feedback: per Mail unter info@wirkstoffradio.de, in den Kommentaren unter den einzelnen Episoden, über Twitter @wirkstoffradio oder auch als Bewertung bei iTunes oder panoptikum.social.

Creative Commons Lizenzvertrag
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5 Antworten auf „WSR014 Feinstaub, open science und der Geruch von Parkinson“

  1. Ich habe ein paar andere Ansichten zur Diskussion über Publikation der Ergebnisse.

    Die Ausbildung der Forscher sowie die Grundlagenfroschung werden von der Gesellschaft finanziert und getragen. Ich sehe nicht, warum Wissentransfer in die Firmen und damit deren wirtschaftlicher Erfolg für die Firmen kostenlos geschehen soll, während ich als interessierter Bürger oder gar die Forscher selbst die ergebnisse nicht einsehen oder verwerten dürfen.

    Das ist (mehr oder minder versteckte) Wirtschaftsförderung, nicht nur für die Verlage sondern eben auch für die Aktioniäre der produzierenden Firmen, die davon profitieren.

    Von daher kann ich „es muss sich lohnen“ aus der Sicht des Steuerzahlers nicht allzu sehr nachvollziehen.

    Oder habe ich den entsprechenden Teil komplett missverstanden?

    1. Hallo Christian,
      genau gegen diese Praxis wollen wir mit der Art, wie wir Artikel verlinken protestieren.
      Klar ist aber auch, dass unsere derzeitige politische Lage sehr ökonomisch geprägt ist und dass Wissenschaftsförderung nur selten ohne wirtschaftliche Hintergedanken stattfindet. Das wiederum kann nur gesellschaftlich geändert werden, in dem wir uns kollektiv gegen diese Paxis aussprechen. Was zum Beispiel duch die Fridays for Future Proteste und die Initative ScientistsForFuture zum Ausdruck gebracht wird.
      So ist also festzuhalten, wir prangern diese Praxis an und Du hast nichts falsch verstanden.

      Beste Grüße
      Bernd

    1. Hallo Arnim,
      danke für den Link und den Kommentar – Klingt auf jeden Fall spannend. Ich schaue mir das mal an.

      Liebe Grüße, André

    2. Hallo Arnim,
      von den Riesenratten, die Landminen suchen hatte ich gehört, aber das die auch Tuberkulose wahrnehmen können hatte ich nicht mitbekommen.
      Vielen Dank für den Hinweis.
      Grüße
      Bernd

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